Der Urlaub im Wellness-Hotel kann ein Pauschalreisevertrag mit erleichterter Stornomöglichkeit sein
Seit Beginn der Corona-Epidemie beschäftigt die Rechtsprechung verstärkt die Frage, ob bei abgesagten Urlaubsreisen Stornogebühren zu zahlen sind. Zumindest bei Pauschalreisen zeigt die bisherige Auswertung der bereits ergangenen Entscheidungen in erster Instanz überwiegend eine verbraucherfreundliche Rechtsprechung. Eine von uns hierzu erwirkte Entscheidung vor dem Amtsgericht Meschede vom 15.12.2020 (Az. 6 C 263/20) betraf eine 89-jährige Mandantin, der ein Hotelbetreiber vorwarf, einen vom 07.05.2020 bis zum 21.05.2020 gebuchten Wellness-Urlaub im Ostseebad Kühlungsborn am 17.03.2020 storniert zu haben. Hierfür verlangte der Hotelbetreiber 1.712,40 € an Stornogebühren. Der Hotelbetreiber ließ sich auch nicht dadurch von seinem Vorhaben abbringen, dass infolge einer am 18.03.2020 und bis in den Mai 2020 hinein fortgeführten SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sein Hotelbetrieb sowieso zwangsweise geschlossen war und es ihm also gar nicht möglich gewesen wäre, den Wellness-Urlaub zu veranstalten.
Unsere Mandantin wehrte sich erfolgreich gegen ihre Inanspruchnahme. Das Amtsgericht Meschede verwies zur Berechtigung der Kündigung unter anderem darauf, dass die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern bereits am 14.03.2020 umfangreiche Schutzmaßnahmen beschlossen hat, wonach öffentliche Schwimmbäder und Sportstätten geschlossen wurden und private Betreiber aufgefordert wurden, diesen Regelungen ebenfalls zu folgen. Eine Stornierung am 17.03.2020 sei also auf jeden Fall berechtigt gewesen, so das Amtsgericht: „Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen dürfen bei einer sich derart schnell verbreitenden Infektionsrate nicht zu hoch angesetzt werden (vgl. AG Köln Urt. v. 14.09.2020 — 133 C 213/20, BeckRS 2020, 23502 Rn. 18, heck-online). Im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung war daher vor dem Hintergrund der besonderen Entwicklung innerhalb kürzester Zeit mit weiteren Beeinträchtigungen zu rechnen. Zum einen im Hinblick auf die gesundheitlichen Risiken und entsprechende Versorgung Erkrankter, zum anderen im Hinblick auf hoheitliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung.“
Dabei wurde die Rechtslage für die Urlauberin dadurch vereinfacht, dass die Buchung in dem Wellness-Hotel als Pauschalreisevertrag gewertet wurde. Ein Pauschalreisevertrag mit besonderen Schutzrechten für Verbraucher liegt nicht nur bei Flugreisen mit Hotelübernachtung im Ausland vor, sondern kann sogar dann vorliegen, wenn wie hier der Urlauber die Anreise zum Hotel selbst organisiert. Relevant ist nur, dass mit der Hotelübernachtung eine weitere Reiseleistung, die normalerweise nicht zum Hotelbetrieb gehört, verbunden wird. Dies führt zwar noch nicht dazu, dass das bloße Vorhandensein eines Schwimmbades oder eines Fitnessraums für die Hotelgäste zur Anwendung des Pauschalreiserechtes mit besonderen Schutzrechten für Verbraucher führt. Das hier angebotene Reisemodell beinhaltete jedoch auch die Nutzung einer sogenannten „Wellness- und Freizeitoase“, die von ihrem Umfang nicht nur über ein übliches Hotelschwimmbecken, sondern auch über den Umfang eines normalen städtischen Hallenbades weit hinausging, wie das Amtsgericht zutreffend feststellte: „Die Benutzung dieser Freizeiteinrichtungen ist dabei von der Unterkunft und Verpflegung als eigenständige Leistung separierbar. Davon ist das Gericht auch überzeugt nach der Aussage der Zeugen B. und P. Beide Zeugen legten die Größe der Freizeiteinrichtung „K.“ dar. Es handelt sich demnach um eine eigenständige und räumlich getrennte Einrichtung im Hotelgebäude mit verschiedenen Schwimmbädern und Saunabereichen. Sie steht auch anderen Interessenten als den Hotelgästen zur entgeltlichen Nutzung zur Verfügung und ist mit einer weiteren Einrichtung, dem „B. Spa“ ausgestattet, innerhalb dessen besondere Wellnessanwendungen entgeltlich angeboten werden.“
Die Entscheidung ist also auf die Buchung normaler Beherbergungsverträge in Hotels nicht völlig übertragbar. Dennoch zeigt sich auch hier, dass es durchaus sinnvoll sein kann, offensichtlich zweifelhafte Inanspruchnahmen von Hotelbetreiber nicht klaglos hinzunehmen, sondern sich hiergegen zur Wehr zu setzen.