Testament vor OP: Der Unterschied zwischen Beweggrund und Bedingung entscheidet über Gültigkeitsdauer
Häufig werden Gedanken an den eigenen Todesfall verdrängt und Testamente erst in Notsituationen hastig errichtet. Dies kann der Fall sein, wenn Krankheitsfälle eintreten oder eine Operation ansteht.
Eine Frau, die an Leukämie litt, musste sich einer Biopsie unterziehen. Am selben Tag errichtete sie auf einem kleinen Zettel ein Testament, das folgende Formulierung enthielt: „Dies ist mein Testament. Sollte heute bei diesem Eingriff etwas passieren und ich nicht mehr aufwachen, vermache ich mein ganzes Vermögen u. Haus Herrn A.“ Der Eingriff verlief zwar ohne Komplikationen, die Frau verstarb jedoch einige Monate später. Ihre Schwester und deren Kinder behaupteten nun, dass dieses Testament nur unter der Bedingung habe gelten sollen, falls die Erblasserin während der Biopsie verstirbt. Da diese Befürchtung nicht eintrat, gelte folglich die gesetzliche Erbfolge.
Das Gericht musste sich nun mit der Frage beschäftigen, ob die Formulierung im Testament als Bedingung oder als Angabe des Beweggrunds für dessen Errichtung zu verstehen war. Die Richter wiesen dabei darauf hin, dass solche Formulierungen in der Regel so zu verstehen sind, dass der Erblasser mitteilt, warum er oder sie das Testament zu diesem Zeitpunkt errichtet. Nur wenn weitere klare Anhaltspunkte vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass der Erblasser die Wirksamkeit der Erbeinsetzung an eine Bedingung knüpfen wollte. Da hier keine solchen Anhaltspunkte vorlagen, wurde das Testament als gültig angesehen.
Hinweis: Wird ein Testament in einer Notsituation – wie etwa kurz vor
einer Operation – errichtet, sollte man daran denken, dass es auch über
diese Situation hinaus Gültigkeit hat. Daher sollte man danach in Ruhe
prüfen, ob die Bestimmungen in diesem oft hastig errichteten Testament
nicht geändert werden sollten.
Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.08.2015 – I-3 Wx 191/14
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 01/2016)